1645 Stadtbrand

Nachdem der französische Truppenführer Viconte Courval im Frühjahr 1645, also kurz vor dem Ende des 30jährigen Krieges, ohne Erfolg versucht hatte, die Stadt Oberursel einzunehmen und Abgaben zu erzwingen, kam er am Fronleichnamstag 1645, dem 15. Juni, auf dem Weg von Mainz in die Wetterau zurück.
Diesmal hatte er mehr Soldaten und eroberte die Stadt. Er hatte Rache geschworen und führte seinen Plan konsequent aus. An zehn Stellen läßt er die Stadt anzünden. Die „überaus schöne und uralte, Gott zu Ehren wohlaufgebaute, so viel hundert Jahr löblich gestandene, mit allen Kirchenornaten wohl versehene Kirche“ wird ein Raub der Flammen, und nicht nur sie.

Original Beschwerdebrief
Anfang des Schadenberichtes an Cardinal Mazzarin


Wenige Tage später, am 24. Juni 1645, richtet der Rat der Stadt ein Schreiben an den französischen Kardinal Mazzarin, Nachfolger Richelieus. Er beschwert sich bitter über das brutale Vorgehen des Viconte Courval.

  Seinem Schreiben fügte er in deutscher und französischer Fassung eine „Specification“ bei, in der er den entstandenen Schaden konkret beschreibt.


Specification
Wie viel Häuser, Scheuren, Stall vnd gemeine gebaw die Barbarische Frantzosische feindts Völker vnderm Commando deß Viconte de Courvals Gubernators Zue Maintz, vndt deß Obristen Leutenandts Baltzer Rüdigers in festo Corporis Christi dießes 1645 Jahrs(d.i.15.Juni), Zue OberUrsell in die aschen gelegt, undt waß vor ohnerhörte Vnchristliche Morth, vndt schandt Tahten ermelte Barbarische Völker daselbst verubt haben.

An gemeinen gebew.
1. Die schöne Kirch, in welche der Courval 3 Wagen voll Stroh tragen vndt zum dritten Mahl anstoßen laßen, weill sie anfangs nit brennen wollen, worin Sie die Canzell Altaria, die Orgel, den Newen Letner worauff ein doppell regal gestanden sambt allen stulen de facto angezundet, daß alles zue Aschen worden, undt die schone glock darauff zerschmoltzen.
2. den großen Statt vndt Kirch Thurn, worin 3 grose Glocken gehangen deren die große 84 Centner gewogen, welche alle herund gefallen vndt zerschmolzen.
3. die Schul wo eine schöne Capell geweßen, vndt bey der Kirch gestanden.
4. das pfarHauß, Caplaney Hauß mit 2 Scheuren vndt Stellen
5. daß Schulhauß Schewer vnd Stall
6. das Hospitall alt vndt new sambt den neben gebewen
7. drey große wacht Thurn, 2 an der Stattmauer vndt einer in der s+tatt
8. Statt Thor sambt den Vber gebawen vndt wachthäusern
9. die Burgh mit aller Zugehör vndt gehabten gebawen
10. Ein mahlmühl mit 2 gäng
11. drey schleiffmühlen
12. Zwo Lohmühlen
13. Ein weißgerber walkmühl
Wohnhäußer
188 Burgerhäußer welche respective von 700 biß 900 fl. in der Schatzung geweßen.

137 Scheuren

53 große stelle ohn die Schwein vndt andere kleine Stell

An persohnen seindt martyrifirt
Conrath Ketroffen schreiner von Birstatt gehawen, gestochen, gestoßen, mit steinen geworffen, vndt endtlich den Kopff mit einer grab Schuppen von einandt gehawen, auch deßen Todt kranke Weib ein Arm endtzwey geworffen.

Enders Krebsen ein alt lahmer pfortner, gehawen, gestochen ein Arm endtzwey geworffen vndt beede ohren geschlitzet, daß er auch gestorben.

Ein altes weib von 80 Jahren bey dem hospital zue Todt geschlagen.

Ein alt lame Pfrünerin von 64 Jahren, welche die Tag Ihres lebens keines mans werth gewesen, gestochen, geschlagen vndt stuprirt.

Ein alt burgers weib von 60 Jahren hatt ein officier geschandet, welche weil sie sich sehr gewehret, deßen Diener halten müßen, ohn waß Sie vor andere weibspersohnen mehr erdappet vndt Ihren muthwillen mit Ihnen verübet haben, daß also die Turcken nit tirannischer hetten hausen können.

(Wiesbaden, HHStA 330, XIVd)


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