1794
Kriegslasten
Ob Freund oder Feind – die Bürger müssen zahlen
(Kriegskostenrechnung im Revolutionskrieg)




Im Frühjahr 1792 brach der Krieg aus, der bis zum Jahr 1815 das Schicksal auch der Menschen in Oberursel bestimmte. Die Soldaten der französischen Revolutionsarmeen lebten von dem Lande, in dem sie sich gerade aufhielten. Es wurde einquartiert und requiriert. Quartier, Lebensmittel, Futter, Holz, Fuhrwerke, Dienstleistungen wurden kurzfristig angefordert und eingetrieben.



Zwar wurde Oberursel kein direktes Opfer militärischer Gewaltanwendung. Aber die Stadt hatte unter den vielfältigen Belastungen schwer zu leiden. Produktion und Handel litten, die Schuldenlast wuchs ins Unermeßliche.

Schon zu Beginn des ersten Koalitionskrieges, als hessische Truppen des Prinzen von Hohenlohe in Oberursel Quartier nahmen, mußte man 260 Mann aufnehmen, obwohl es in der Stadt nur 235 Häuser gab. 1794 kamen preußische und sächsische Truppen nach Oberursel und 1796 rückten stets wechselnde Soldaten und Offiziere – auch Österreicher und Franzosen ein. Im April 1797 mußte die Stadt auf Befehl des Generals Lefebre ein Lazarett einrichten, das eine erhebliche finanzielle Belastung darstellte.

Eine präzise Aufstellung in 16 Punkten, die die Stadt am 25.02.1798 dem Oberamt zusandte, rechnete genau auf, was da alles aufzubringen und zu bezahlen gewesen war für Heu, Stroh, Milch, Eier, Gemüse, Kupfergeschirr, für Schreiner-, Schmiede- und Weißbinderarbeiten bis hin zu den Kosten für die Bestattung eines hier verstorbenen französischen Soldaten.

In den Jahren 1797 und 1798 wurde besonders lebhaft über die üppige Verpflegung der französischen Obersten Galliee und Sorbiee geklagt.

Ein erpresserischer, beonders grausamer Überfall französischer Husaren auf die Familie und das Ladengeschäft des Schultheißen Schaller im Jahr 1799 ergänzt das düstere Bild.

Bis 1801 wuchs der Schuldenberg der Stadtkasse auf 77.000 Gulden an. Die Steuerrückstände waren beängstigend. Es drohte der Bankrott.

Mit dem Reichsdeputationshauptschluß vom 27.04.1803 endete das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Das Kurfürstentum Mainz wurde aufgelöst und die Amtsvogteien Königstein und Oberursel kamen an den Fürsten von Nassau-Usingen.



(vgl. Angelika Baeumerth, Stadtgeschichte, S. 171ff.)



Joseph Schaller Schultheis, Oberursel
Wolfsches Haus Oberursel


Joseph Anton Schaller Wolfsches Haus, Oberursel
(heute Stadtbücherei)


Von den Kriegslasten war der Schultheiß Joseph A. Schaller besonders betroffen, weil er am Marktplatz seinen reich bestückten Großhandel hatte, der die Begehrlichkeit der Fremden natürlich anzog. Bereits nach einem Jahr war er amtsmüde. In seinem Rücktrittsgesuch heißt es: „Freund- und feindliche Truppen richten entweder aus freien Stücken ihren ersten Gang an den Schultheißen oder sie werden dahin angewiesen. In diesem Räuberkrieg steht letzteren, die vom Scheitel des Haupts bis in die Fußsohlen voller Bedürfnisse sind, alles an, was sie nur im Laden erblicken und kömmt noch gut davon, wenn der eine dieses und der andere jenes verlangt, ohne Bezahlung einsteckt und fort geht.“ – Sein Gesuch wurde zunächst abgewiesen.
1799 erscheint ein Trupp von 60 – 70 hungrigen, unbändigen, raubgierigen Reitern, finden nicht den Rathschultheißen, nur den vollen Spezereiladen, von seiner Frau und den Kindern bewacht. Die Frau wird bis hinauf auf den Speicher gepeitscht und von da wieder heruntergeworfen. Dreizehn Wochen liegt sie mit einem Nervenfieber zu Bett und ringt mit dem Tode. Ein 12jähriger Sohn stirbt an den Folgen seiner Verletzungen.



(Vgl. Ernst Daniels, Die Familie Schaller in Oberursel, Mitt. d. Vereins f. Gesch. Heft 39, 1999, S. 13 f.)



Quittungen aus der Zeit der napoleonischen Kriege

43
Bin ich Johannes Kopp und peter Eckert Vor die könliche
preißische thruben Ein bothengang nacher Kasell (= Kastel) gedan von 2 dag
und Einer nacht den 7. und 8. feberarij 1794

peter baldes rathschultheiß
Jacob Wallau des raths

Einem jedem 1 fl. aus der bürgermeisterei für diesen
ungewöhnlichen botten Gang zalt worden. Oursel den
11.feb. 1794

Siebold
Amtsvogt.

[HHStA Wiesbaden, Abt.300   R 57  1794  Nr.43]
Original Quittung Kopp


 




83

77 fl. auf 7 bis 8 Klafter Scheidt holtz ist mir Martin Usinger revierjäger zu reifenberg
aus der gemeinde Ober Ursel bezalt worden.  Reifenberg den 20ten Sept: 1795
                        Martin Usinger von Reifenberg


[HHStA Wiesbaden, Abt.300 R 57 (1795)  Nr. 83, 84]








84

120 fl 36 kr vor 2 Stöß holtz theils an die K.Pr.(= Preußen) theils in Lager K.K. (= Österreicher) vor wendet worden ist mir unterschriebenem bezalt. Ober Ursel den 10ten Okt: 1795

                        Wendel Kopf
Quittung Wendel Kopf






Quittung  Johannes Hall Oberursel
100

Auf geheiß deß Herrn Radt schuldheiß und Herrn Burgen Meister Kamper haben die fräncken trupen bey mir verzehrt den 22ten Julius    6 Mann                                        9 fl. 20 kr.
den 24ten dito 2 Mann 2 tag                     4 fl. 20 kr.
den 16ten August 1 Mann 4 tag                5 fl. 20 kr.
                                                     Sua = 19 fl.
Ober Ursell den 30ten sept:
                                 1796
                                                         Schaller Ratschultheiß
                                                         Jacob Wallau des raths
Wendel Kopf ist zu Danck zahlt.        Nicolaus Steeten des gerichts                                              Johannes Hall des gerichts

(HHStA Wiesbaden, Abt. 330 R 57, 1796 Urk.Kasten 700)






154

Daß bey anwesenden der fränckischen (=französischen) truppen und derselben hin und her streichen, die schaaf etl. nächte wegen der gefahr in wald getrieben worden, da nun die gefahr da größer war, ßo hat mann den pferch desto näher an daß orth gestelt, und alß weniger Versicherung war, weilen dieselben durch die K:K: (= Österreicher) truppen intrieb gebracht worden, und haben nächtlicher weil die pferche um 4 stück beraubet, wären estemiret zußamen 20 fl. – bitten wir unterschriebene den schaden uns auß der bürgermeisterey zu vergüthen.

                                Wil. Siebold
                     Nicolaus Steetten
Eberhardt Jans                Vorstehende 20 fl. habe ich unterschriebener
Wendel Kopf      nahmens der Consorten empfangen.

                            Nicolaus Steetten


(HHStA Wiesbaden, Abt. 330 R 57 1795)

Quittung_Steetten


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